Am Alten Versuchsfeld 1 - Geschichte des Stadthauses

 
Das heutige Stadthaus Hermsdorf - als Kultur- und Verwaltungszentrum der Stadt Hermsdorf - liegt im Stadtzentrum. Bis zur Wende war es ein Industriegebäude des ehemaligen Kombinates VEB Keramischen Werke Hermsdorf. Als solches war es bis zum Umbau nicht zugänglich. Die Geschichte des Stadthauses soll hier kurz dargestellt werden, wobei diese unmittelbar mit der Geschichte des ehemals größten Betriebs der Stadt eng verbunden ist.
Das Betriebsgelände wurde durch die Bahnlinie Gera - Weimar - Eisenberger Straße (7) - Naumburger Straße (9) - die heutige Heinrich-Hertz-Straße und Max-Hellermann-Straße - sowie die Autobahn A 9 (Berlin / München begrenzt und bis zur Wende für die Öffentlichkeit gesperrt.
Die Entstehung des Versuchsfeldes

Aus der ehemaligen Porzellanfabrik Hermsdorf entwickelte sich im Laufe der Jahre ein Großbetrieb, der seine Produktion von einstmals Haushalts- auf Industrieporzellan umstellte. Um der starken Konkurrenz stand zu halten und neue weltmarktfähige Produkte herzustellen, erlangte die Forschung und Werkzeugprüfung immer größere Bedeutung.

Im Jahre 1901 wurde deshalb erstmalig in Hermsdorf ein Hochspannungs-Prüffeld errichte. Aufgrund der steigenden Nachfrage ab 1904 nach Elektroporzellan ist die Ausdehnung schnell fortgeschritten.
1905 -1907 wurde das Prüffeld zu einem Versuchsfeld für Hochspannungs-Isolatoren ausgebaut. Auf dem Dach des alten Prüffeldes entstand das erste Freiluft - Versuchsfeld.

Durch den gewaltigen Aufschwung Hermsdorfer Isolatoren waren weitere Versuche und Forschungen notwendig, weshalb die Porzellanfabrik Hermsdorf 1913 ein „Versuchsfeld” in Betrieb nahm.

Altes Versuchsfeld
Bau des Freiluft Versuchsfeldes.
Hier konnten erstmals Versuche mit technischem Wechselstrom von 500.000 Volt durchgeführt werden.

Altes Versuchsfeld

Die Arten der Isolatoren konnten stetig weiter entwickelt werden, um diesen Anforderungen und aufwendigen Prüfungen der Isolatoren nach zu kommen, wurde dem 500 kV-Versuchsfeld im Jahre 1921 ein mechanisches Prüf -und Versuchsfeld angegliedert. Jetzt war es möglich, vor der Auslieferung der Isolatoren, diese auf Druck-, Zug-, Biege-, oder Schlagbiegefestigkeit zu prüfen.

Freiluft-Versuchsfeld
1 = Teil des Versuchsfeldes, in dem sich heute u.a. der Saal befindet
2 = Eckhaus Eisenberger Straße / Schillerstraße (früher Sparkasse)
3 = Eisenberger Straße (heute Buchhandlung Hofmann)

Das mechanisch - technische Versuchsfeld

Am 20.05.1922 schlossen sich die Porzellanfabrik Kahla A.G. und die Hermsdorf Schomburg & Söhne A.G. zu einer Interessengemeinschaft zusammen. Am 15.12.1922 entsteht die HERMSDORF-SCHOMBURG ISOLATOREN GmbH, kurz genannt HESCHO (dieser Begriff hat sich bis in die heutige Zeit erhalten).

Weiterentwicklung des Versuchsfeldes

Da sich das Werk der technischen Entwicklung stets anpasste und den Versuchs- und Prüfmöglichkeiten gerecht wurde, konnte das Hermsdorfer Werk auch weiter die Entwicklung der Hochspannungsisolatoren fördern. 1949 wird die erste Prüfanlage mit 1,5 Millionen Volt, des VEB Transformatoren- und Röntgenwerkes Dresden, im Hermsdorfer Prüffeld gebaut. Außerdem werden aus Forschungs- bzw. Entwicklungsgründen die Hermsdorfer Prüf- und Versuchsfelder stets modernisiert und ausgebaut.
In den 1960er Jahren zeichnet sich ein weiterer Höhepunkt dieser Entwicklung ab, es kam zum Aufbau des Höchstspannungs-Freiluft-Versuchfeldes, welches 1969 eingeweiht wurde.

Kurz nach der Wende (um 1990) wurde dieses Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Überlegungen führten dann dazu, es zu einem Zentrum für Verwaltung und Kultur umzuwandeln. Ziel war, bei den denkmalschützerischen Auflagen das Erscheinungsbild dieses Gebäudes zu wahren. Im Jahre 1928 musste für ausreichende Belichtung gesorgt werden und die oberen Fenster wurden bis zum Erdgeschoss geführt. Mit Umbau wurde in Höhe des Saalfußbodens die Fenster geteilt und Stürze eingezogen werden. 1998 begann die Stadt Hermsdorf mit der Unterstützung des Freistaates Thüringen den Umbau bzw. der Restauration des alten Versuchsfeldes. Die Sanierung der Außenfassade und der Einbau der Fenster sollten weitestgehend dem Originalzustandes entsprechen, so dass diese Fenster neu angefertigt bzw. restauriert werden mussten. Zudem musste das Erdgeschoss an der Ostseite neu verblendet und alte Gestaltungsmotive aufgenommen werden. Das alte Gebäude wurde unter der Verwendung von Klinkerarten (Ziegelsteine) erbaut. Viele dieser Ziegelsteine mussten neu ersetzt werden, da sie kaputt oder brüchig waren. Jetzige Ziegelsteine sind jedoch kürzer als Klinker mit denen das Gebäude damals errichtet wurde. Diese Steine wurden extra für die Restauration angefertigt. Der Innenausbau erfolgte unter der Verwendung von regional typischen Materialien. Da der Saal für 500 Personen geplant war, mussten alle Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Der Einbau eines zweiten Treppenaufganges gehörte dazu. Als öffentliches Gebäude für Jedermann wurde es behindertenfreundlich umgebaut und zum Beispiel ein Personenaufzug und behindertengerechte Toiletten eingebaut. Das „Alte Versuchsfeld“ wurde innerhalb von drei Jahren (von 1998-2000) zum Stadthaus umgebaut.

Umbau

Umbau

Umbau

 

Es kann heute für verschiedene kulturelle Veranstaltungen genutzt werden. Das Stadthaus verfügt heute über die „Kleine Galerie”, eine Kultur- und Tourismusbörse, die Bibliothek mit zusätzlicher technischer Bibliothek, das Stadtarchiv, den Saal mit Kleinbühne und Empore, einen Vereinsraum mit Ausstellungsräumen, die Verwaltungs- und Wirtschaftsräume, Nebenräume, Foyer, eine Garderobe, einen Sanitätsbereich, sowie über Club- und Versammlungsräume, nicht zuletzt stehen im Stadthaus 1030 qm Bürofläche zur Verfügung.
Im Außenbereich befinden sich rund um das Stadthaus Parkmöglichkeiten, sowie die Möglichkeit auf Freiluftveranstaltungen, da Strom- und Wasseranschlüsse vorhanden sind.

Das Stadthaus ist heute das wahrscheinlich auffälligste Gebäude der Stadt Hermsdorf und wird sowohl für Kultur als auch Verwaltung genutzt.

Sonstige Angaben:

Grundstücksfläche
Überbaute Fläche Stadthaus
Bebaute (befestigte) Fläche
Bruttogeschossfläche
Umbauter Raum
 

  5940 m²
  1159 m²

  3431 m²
  3678 m²
17824 m³

Am 04.11.2000 wurde das Stadthaus feierlich seiner Bestimmung übergeben. Die Verwaltung der Stadt und der VG Hermsdorf zog vom Rathaus in das Stadthaus.

Stadthaus Hermsdorf
 

Die Scheiben im Treppenhaus